Ich habe so ein Exemplar. Entdeckt Sammy eine Spur, oder sieht ein sich bewegendes Tier, ist seine Jagdmotivation geweckt. Seine Ohren auf Durchzug und im Tunnel, lässt mich sein Verhalten oft wie den letzten Idioten dastehen und an meinem Hundeverstand zweifeln.
Ansprechen kaum möglich, Rückruf oder stoppen… ich träume davon. Dabei muss er nicht mal ein Tier hetzen, ist auch schlecht möglich, da er aus diesem Grund konsequent an der Schleppleine geführt wird. Bei Spaziergängen scanne ich die Umgebung nach Wild, um dieses wenigstens möglichst vor ihm zu sehen, wenn er es nicht schon längst gerochen hat. Es reicht schon, wenn er einen Wildgeruch in der Nase hat, um alles um sich herum auszublenden.
Die Jagdmotivation von Hunden: Rassenunterschiede und Einfluss von Lern- und Umweltbedingungen
Jagdmotivation gehört zum Normalverhalten von Hunden. Sie ist nur verschieden ausgeprägt. Mit Sicherheit hat eine Jagdhundrasse eine höhere Jagdmotivation als ein Molosser. Ich weiß nicht, was Sammy ist. Er kommt von der Straße aus Bosnien und hat bis zu einem Alter von etwa 15 Monaten auf der Straße gelebt. Ausgeprägte Jagdmotivation ist entweder rassespezifisch genetisch bedingt oder abhängig von Lernerfahrungen und Umweltbedingungen.
Die Jagdmotivation bei Hunden verstehen und kontrollieren: Kein Jagdtrieb, sondern selbstbelohnendes Verhalten
Ich spreche von „Jagdmotivation“, weil es so etwas wie einen „Jagdtrieb“ nicht gibt. Die Theorie des Triebs würde bedeuten, dass ein Hund, der länger nicht gejagt hat, ein Bedürfnis aufstaut, bis er ein Ventil braucht, um diesen angestauten Druck wieder abzulassen. Jagen wird jedoch durch unmittelbare Reize ausgelöst. Die frische Wildspur, der Hase, der aus der Deckung springt, das Reh, das auf der Wiese steht. Beim Jagen folgen Hunde dann der sogenannten „Jagdverhaltenskette.“ Ausschau halten, Vorstehen, Anschleichen, Hetzen, Packen, Töten und in Folge Zerlegen und Fressen. Verschiedene Jagdhundrassen zeigen verschiedene Teile dieser Kette. Jeder Teil dieser Kette ist für den Hund selbstbelohnend, was es so schwierig macht, Jagdmotivation zu kontrollieren. Dem Hund macht es einfach großen Spaß. Da Sammy an der Leine geführt wird, billige ich ihm die selbstbelohnende Erfahrung, einer Spur nachzugehen oder Ausschau zu halten, auch zu. Verhalten wie Hetzen und Schütteln/Töten spielen wir mit seinem Ball oder einem Zergel (Weiches Spielzeug). Womit wir bei der Frage sind, ob Ballspiele und Zergeln nicht sogar die Jagdmotivation fördert und damit kontraproduktiv sind. Nein, das sind diese Spiele nicht. Diese Spiele dienen der Bedürfnisbefriedigung und nicht der Steigerung der Jagdmotivation. Vorausgesetzt, sie werden richtig gespielt. Dem Hund wird das Spielzeug nicht im höchsten Erregungsmoment wieder abgenommen, sondern dann, wenn er wieder entspannt und ansprechbar ist, oder er gar das Interesse an der „Beute“ verloren hat. Alle Spiele, die der Befriedigung eines natürlichen Bedürfnisses dienen wie, Ballspielen, Zerrspiele, Rennspiele, Nasenarbeit sind eine Jagdersatzbeschäftigung. Unerwünschtes Jagdverhalten wird dagegen verschlimmert durch eine reizvolle Umwelt mit viel Wild und Frust, Hundedinge nicht tun zu dürfen. Ich führe Sammy daher nach dem Motto „Wenn ein Hund können muss, soll er auch wollen dürfen“ und wir gehen ganz bewusst gemeinsam auch mal einer Spur nach. Auch zu wenig Schlaf, Stress und sogar Krankheiten/Schmerz können zu einer erhöhten Jagdmotivation führen. Hunde, die körperlich und geistig ausgelastet sind, haben oft weniger Energie, um unerwünschtes Verhalten zu zeigen. Wenn ein Hund genügend Bewegung und Beschäftigung erhält, kann er seine Jagdmotivation ausleben und gleichzeitig ein ausgeglichenes Verhalten zeigen
Für gezielte Übungen, wie Sie die Jagdmotivation Ihres Hundes kontrollieren können, wie er abrufbar bleibt und wie Sie ihm Jagdersatzbeschäftigungen anbieten können, fragen Sie bitte den Hundetrainer Ihres Vertrauens.
Fazit
Hunde haben eine unterschiedliche Ausprägung ihrer Jagdmotivation, die entweder genetisch bedingt oder durch Lernerfahrungen und Umweltbedingungen beeinflusst wird. Das Jagdverhalten ist nicht auf einen Jagdtrieb zurückzuführen, sondern wird durch unmittelbare Reize ausgelöst, denen Hunde dann in der sogenannten "Jagdverhaltenskette" folgen. Obwohl das Verhalten für den Hund selbstbelohnend ist, kann es durch gezielte Übungen und Jagdersatzbeschäftigungen kontrolliert werden. Ballspiele und Zergeln fördern nicht die Jagdmotivation, wenn sie richtig gespielt werden und dem Hund das Spielzeug nicht im höchsten Erregungsmoment abgenommen wird. Es ist wichtig, dass Hunde ausreichend körperlich und geistig ausgelastet sind, um unerwünschtes Jagdverhalten zu vermeiden.